GESCHICHTE: OTTAKRINGS BÄDER
Die Geschichte der öffentlichen Bäderkultur in Wien ist eng mit dem Wirken der Sozialdemokratie verbunden. Im Roten Wien des frühen 20. Jahrhunderts wurden zahlreiche Schwimmbäder errichtet - darunter auch einige Kinderfreibäder. Ottakring war hier keine Ausnahme.
Von SPÖ OTK / 01.07.2023
Eine entscheidende Triebfeder bei der Errichtung der Wiener Bäderkultur in der Ersten Republik war Architekt Erich Franz Leischner. Seine Entwürfe zeichneten sich durch liebevoll gestaltete Details und naturnahe Gestaltung aus. Dementsprechend erfreuten sich die Einrichtungen rasch großer Beliebtheit bei Jung und Alt. Viele der damals errichteten Bäder existieren noch heute - auch bei uns in Ottakring.
Im Folgenden ein Überblick:
Das weit über den Bezirk hinaus bekannte und beliebte Kongressbad (Julius-Meinl-Gasse 7A) wurde 1928 eröffnet und steht zum Teil unter Denkmalschutz. Es war als Freizeitanlage nicht nur seiner Zeit voraus, sondern auch ein Ort der politischen Bewusstseinsbildung von Bedeutung, wie Helmut Weihsmann in seinem Buch Das Rote Wien. Sozialdemokratische Kommunalpolitik 1919 - 1934 schreibt:
Abgesehen von seiner weit über die architektonischen Qualitäten reichenden Bedeutung für die Wiener Arbeiterkultur, die vermutlich in Zusammenhang mit den angrenzenden Wohnbauten und der großflächigen Parkanlage zu sehen ist, bildete das Bad einen Hort der passiven Abwehrhaltung gegenüber Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Darüber hinaus war das Bad während der Sommermonate ein Sammelpunkt verschiedener Körperkulturbewegungen und ein politisches Zentrum der proletarischen Widerstandsbewegung.
Das Ottakringer Bad (Johann-Staud-Straße 11) wurde 1926 ebenfalls nach Plänen von Architekt Leischner erbaut und war das erste Freibad in Wien mit einer elektrischen Vorwärmeanlage für das Wasser (statt der sonst üblichen Koks- und Kohlenfeuerung). Auch Filtrierungs- und Sterilisierungsanlagen waren inkludiert. Das Ottakriger Bad wurde sehr bald nach dem Zweiten Weltkrieg bereits am 20. Mai 1945 wiedereröffnet. Von 1966 bis 1972 wurde es nach Plänen von Friedrich Florian Grünberger umgestaltet und erweitert, unter anderem durch den Bau eines Hallenbads ab 1971.
Das 1929 errichtete Kinderfreibad Hofferplatz (Hofferplatz) war ähnlich konzipiert wie das Kongressbad - mit Holzkonstruktionen samt liebevollen Details und einem bewusst gesuchten Bezug zur Natur. Auch hier dürfte Oberbaurat Leischner maßgeblich am Entwurf beteiligt gewesen sein, wenngleich die Pläne von Adolf Stöckl unterzeichnet wurden. Das Bad ist erhalten und in den Sommermonaten geöffnet.
![](http://www.meingraetzl.at/wp-content/uploads/2023/07/Hofferplatz-300x208.jpeg)
In seiner ursprünglichen Form nicht mehr erhalten ist heute das von Archtitekt Erich Bittner geplante und 1924 eröffnete Thaliabad, das sich in einer schmalen Baulücke zwischen zwei Mietshäusern der Friedrich-Kaiser-Gasse 11 und der Bachgasse 12 befand. Neben Brause- und Wannenbädern verfügte es auch über ein original russisches Dampfbad. Das Bad wurde, wie Weihsmann schreibt, 1985 abgetragen. An seiner Stelle wurde später ein Tröpferlbad errichtet, das mit Unterstützung der Stadt Wien heute das einzige seiner Art in Wien ist und in Tradition der historischen Volksbäder nach wie vor eine wichtige soziale Rolle spielt. (Wer mehr dazu wissen will, dem sei diese Reportage im Standard empfohlen.)
Quellen:
- Wien Geschichte Wiki, Artikel zu den Wiener Bädern
- Webportal Das Rote Wien, Artikel zu den Öffentlichen Bädern
- Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919 - 1934. Promedia: Wien 2019. (3. Aufl.)
Bilder:
- Städtisches Thaliabad, um 1926 - Martin Gerlach jun. (Fotograf), 16., Bachgasse 10-12 - Städtisches Thaliabad, um 1926, Wien Museum Inv.-Nr. 57962/336, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/426126/)
- Kinderfreibad auf dem Hofferplatz (1949) - WStLA, Fotos des Presse- und Informationsdienstes, FC1: 49186/8 CC BY-NC-ND 4.0
Meine Story
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